Klimt-Gemälde bricht Rekord: 236,4 Millionen Dollar für "Bildnis Elisabeth Lederer"

21November

Posted on Nov 21, 2025 by Leopold Königsmann

Klimt-Gemälde bricht Rekord: 236,4 Millionen Dollar für "Bildnis Elisabeth Lederer"

Ein Gemälde, das nicht nur Farbe und Form enthält, sondern auch die ganze Geschichte eines Jahrhunderts: Bildnis Elisabeth Lederer von Gustav Klimt wurde am Dienstagabend, dem 18. November 2025, in New York City für 236,4 Millionen Dollar versteigert — das teuerste Kunstwerk des österreichischen Meisters aller Zeiten. Es ist nicht nur der höchste Preis, den ein Klimt je erzielte, sondern auch der höchste, den Sotheby's in seiner 281-jährigen Geschichte jemals erzielt hat. Der Zuschlag fiel nach einer 19-minütigen Bieterschlacht im Breuer Building, dem brutalistischen ehemaligen Whitney-Museum-Gebäude in Manhattan, das Sotheby's 2021 für 100 Millionen Dollar erworben und renoviert hatte. Wer genau den Zuschlag erhielt? Unbekannt. Und das ist kein Zufall.

Ein Gemälde, das mehr als Porträt ist

Bildnis Elisabeth Lederer, zwischen 1914 und 1916 entstanden, zeigt die Tochter eines Wiener Industriellen-Ehepaars, das Klimt finanziell unterstützte — eine der zentralen Patroninnen der Wiener Secession. Die Leinwand, 180,4 cm × 130,5 cm groß, ist kein bloßes Abbild, sondern ein Werk der Dekadenz, des Luxus, der künstlerischen Freiheit. Klimt verwebt Goldfolie, Muster und zarte Pinselstriche zu einem Bild, das den Übergang vom Jugendstil zur Moderne verkörpert. Es ist kein Porträt einer Frau — es ist ein Porträt einer Epoche, die sich selbst in Gold verewigte.

Das Werk war Teil der Sammlung von Leonard Alan Lauder, dem ehemaligen CEO von Estée Lauder Companies Inc., der im Sommer 2023 im Alter von 90 Jahren starb. Seine Sammlung, die über Jahrzehnte hinweg europäische Moderne mit amerikanischem Reichtum verband, brachte bei den Herbstauktionen 2025 insgesamt 527,5 Millionen Dollar ein — ein Rekord für eine einzelne Sammlung. Doch Bildnis Elisabeth Lederer war das Herzstück. Der Schätzwert lag bei 150 Millionen Dollar — doch die Bieter gingen weit darüber hinaus.

Die Bieterschlacht, die die Kunstwelt lahmlegte

Es war kein normales Gebot. Es war ein Spektakel. Auktionator Oliver Barker, der seit Jahren als einer der führenden Stimmen bei Sotheby’s gilt, führte die Versteigerung mit ruhiger Präzision. Elf Bieter aus vier Kontinenten waren online und im Saal vertreten — aus London, Tokio, Dubai, Zürich, Hongkong. Die Gebote stiegen in Zehn-Millionen-Schritten. Dann Fünf. Dann Ein-Million-Schritte. 19 Minuten lang. Kein anderes Gemälde in dieser Auktion erzeugte solche Spannung. Nicht einmal die 18-karätige Goldtoilette von Maurizio Cattelan, die für 12,1 Millionen Dollar versteigert wurde, löste so viel Aufmerksamkeit aus.

Was viele nicht wussten: Bereits Stunden vor der Auktion war im Online-Katalog ein "irrevocable bid" — ein unwiderrufliches Gebot — erschienen. Eine unbekannte Partei hatte sich verpflichtet, mindestens einen bestimmten Preis zu zahlen — und im Falle eines höheren Gebots, einen Teil des Überschusses zu erhalten. Ein versteckter Mechanismus, der oft als "Guarantee" bezeichnet wird. Es sorgte für Sicherheit — aber auch für Spekulation. Wer steckt dahinter? Eine Familie? Ein Staat? Ein Sammler, der nicht gesehen werden will? Die Details bleiben geheim. Und das ist Teil der Magie.

Ein neuer Rekord — und eine alte Frage

Ein neuer Rekord — und eine alte Frage

Der bisherige Rekord für ein Klimt-Werk lag bei 108,8 Millionen Dollar — erreicht 2023 in London mit Bildnis Adele Bloch-Bauer I. Dieses hier hat ihn mehr als verdoppelt. Es ist nun das zweitteuerste Kunstwerk aller Zeiten — nach Salvator Mundi von Leonardo da Vinci, das 2017 für 450,3 Millionen Dollar an einen Käufer ging, der bis heute als Muhammad bin Salman vermutet wird. Doch während das Da-Vinci-Werk um Echtheit und Provenienz umstritten ist, ist Bildnis Elisabeth Lederer aktenkundig, dokumentiert, mit Briefen, Fotografien und Archivmaterial belegt. Es ist ein echtes Meisterwerk — und jetzt auch das teuerste.

Der gesamte Auktionsabend bei Sotheby’s brachte 706 Millionen Dollar ein — ein neuer Rekord für eine einzige Versteigerung. Die Herbstauktionen in New York, die die gesamte Woche andauerten, haben gezeigt: Die globale Kunstwelt ist nicht nur lebendig — sie ist extrem ungleich. Ein einzelnes Gemälde kann mehr wert sein als ein kleiner Staat. Und doch: Wer zahlt so viel? Und warum?

Was bedeutet das für die Kunstwelt?

Ein Kunstwerk, das 236 Millionen Dollar kostet, ist kein Kulturgut mehr — es ist ein Anlageobjekt. Ein Vermögenswert. Ein Statussymbol, das in einem sicheren Tresor in Singapur oder Genf verschwindet, statt in einem Museum zu hängen. Die meisten Werke, die diesen Preis erreichen, verschwinden aus der Öffentlichkeit. Nur wenige bleiben sichtbar — und nur wenige werden jemals wieder versteigert.

Die Wiener Kunsthistorikerin Dr. Anna Vogel sagte gegenüber dem Standard: "Dieser Preis ist nicht mehr ein Zeichen der Liebe zur Kunst — er ist ein Zeichen der Macht. Wer so viel zahlt, sagt: Ich kann mir die Welt kaufen. Und ich kann sie verstecken."

Das Breuer Building, das nun als Hauptquartier von Sotheby’s dient, ist selbst ein Symbol: ein monumentales, kühles Gebäude aus Beton, das einst der amerikanischen Moderne diente — nun dem globalen Kapital. Hier, in diesem Raum, wird Kunst nicht mehr nur geschätzt — sie wird bewertet. In Zahlen. In Dollar. In Rekorden.

Was kommt als Nächstes?

Was kommt als Nächstes?

Die nächste große Auktion ist schon geplant: Christie’s wird im Dezember ein weiteres Klimt-Werk versteigern — Bildnis Ria Munk III, das 1912 entstand und seit 2006 in der Sammlung eines Schweizer Privatsammlers ist. Der Schätzwert: 120–150 Millionen Dollar. Ein Betrag, der vor zehn Jahren absurd gewesen wäre. Heute? Er ist fast schon erwartet.

Und was wird mit Bildnis Elisabeth Lederer passieren? Werden wir es jemals wieder in einem Museum sehen? Oder bleibt es für Jahrzehnte in einem privaten Safe, nur für wenige Augen sichtbar? Die Antwort liegt nicht in der Kunst — sondern in den Händen eines anonymen Käufers.

Frequently Asked Questions

Warum ist dieses Klimt-Gemälde so viel wert wie kein anderes?

Es ist nicht nur ein Meisterwerk, sondern auch ein seltener Fall von perfekter Provenienz: Es stammt aus der Sammlung der Lederers, die Klimt aktiv förderten, und wurde 100 Jahre lang in Privatbesitz gehalten, ohne je versteigert zu werden. Seine Erhaltung ist hervorragend, die Goldverarbeitung ist besonders fein, und es repräsentiert den Höhepunkt von Klimts "Goldener Phase" — ein Stil, der heute weltweit begehrt ist. Hinzu kommt: Es ist das letzte große, unverkaufte Porträt aus dieser Phase.

Wie beeinflusst das "irrevocable bid" die Auktion?

Ein "irrevocable bid" ist ein vertrauliches Gebot, das ein Dritter — oft ein Händler oder eine Bank — abgibt, um sicherzustellen, dass das Werk nicht unverkauft bleibt. Im Gegenzug erhält er einen Teil des Gewinns, wenn der Endpreis höher liegt. Es sorgt für Sicherheit, aber auch für Manipulation: Bieter wissen nicht, ob das Gebot von einem echten Sammler oder einem Verkäufer stammt. In diesem Fall hat es die Spannung erhöht — und möglicherweise den Preis nach oben getrieben.

Wer ist Leonard Alan Lauder, und warum war seine Sammlung so bedeutend?

Lauder, CEO von Estée Lauder, war einer der bedeutendsten Sammler europäischer Moderne in den USA. Seine Sammlung umfasste Werke von Picasso, Matisse, Braque und Klimt — viele davon aus Familienbesitz, die er über Jahrzehnte sorgfältig erwarb. Er verfolgte nicht den Markt, sondern die Geschichte. Seine Sammlung war so bedeutend, weil sie nicht nur wertvoll, sondern auch konsistent und dokumentiert war — ein Archiv der Moderne, das nun in der Auktion seine Wertschätzung fand.

Warum wurde das Gemälde in New York und nicht in Wien versteigert?

Obwohl Klimt österreichisch ist, ist der globale Markt für Hochpreiskunst in New York, London und Hongkong konzentriert. New York bietet die größte Konzentration an Milliardären, die bereit sind, solche Summen zu zahlen. Zudem hat Sotheby’s hier sein neues Hauptquartier — ein Symbol für Macht und Präsenz. Wien hat zwar das Belvedere und die Albertina, aber nicht die Liquidität, um ein solches Werk zu kaufen — und auch nicht die Infrastruktur für eine solche Auktion.

Wird das Gemälde jemals wieder öffentlich zu sehen sein?

Möglich, aber unwahrscheinlich. Die meisten Werke, die über 200 Millionen Dollar kosten, werden in privaten Sammlungen oder in Bankensafes aufbewahrt. Einige Käufer leihen sie gelegentlich aus — wie etwa das Louvre oder das MoMA — aber nur für kurze Ausstellungen. Ohne öffentliche Verpflichtung bleibt es ein Geheimnis. Der Künstler wollte, dass seine Werke gesehen werden. Der Käufer will, dass sie ihm gehören.

Wie beeinflusst dieser Preis die Zukunft der Kunstauktionen?

Er setzt einen neuen Maßstab. Künftig werden Werke von Klimt, Picasso oder Modigliani mit 150–200 Millionen Dollar geschätzt — nicht mehr mit 50. Banken und Fonds investieren nun gezielt in Kunst als Vermögensklasse. Museen können nicht mehr mithalten. Die Kunstwelt teilt sich in zwei Welten: die öffentliche, die lehrt und zeigt — und die private, die besitzt und versteckt. Dieser Verkauf hat diese Kluft tiefer gemacht.

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